Chokes – Das Mysterium?


„DieFlinte“ Ausgabe 4/2014 

Ein Schütze betritt den Schießstand, schaut in den verheißungsvoll Himmel und auf die Wurfanlage, fängt dann an, die Chokes der Flinte zu wechseln. In einem anderen Fall fragt der Schüler einen bekannten Flintenlehrer, welche Chokes er einsetzen soll. Als Antwort bekommt er, dass er unten einen Halbchoke reindrehen soll. Nach einer Weile sagt der Flintenlehrer, dass der Schüler oben auch einen Halbchoke reindrehen soll. Denn dann braucht er sich um Chokes keine Gedanken mehr zu machen. Bei beidem muss man schmunzeln und beide Situationen zeigen, dass das Thema Chokes bei vielen noch nicht wirklich angekommen, geschweige denn ausgereizt ist. Dieser Artikel soll dazu beitragen, dass wir die Aufgabe der Chokes, die bei unserer Flinte oft dabei sind, besser verstehen und diese dann auch gezielt einsetzen.

Historie und Definition

Fangen wir mit der Geschichte und den Fakten an. Erfunden wurde der Choke um 1875 von William Wellington Greener. Prinzipiell ist ein Choke oder Würgebohrung eine Verengung des Flintenlaufs, der auf die Streuung der Schrote Einfluss nehmen soll, wenn diese den Lauf verlassen. Nachdem die Schrote den Lauf verlassen haben, dehnen sie sich auf die Schussdistanz zum Ziel aus. Das geschieht zum einen in der Breite (Streuung) und zum anderen in der Länge (Schrotgarbenlänge). Somit muss man sich die Schrotgarbe dreidimensional als eine Art langgezogenen Ball vorstellen, der sich im Flug in alle Richtungen ausdehnt. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen festen Chokes und Wechselchokes. Die festen Chokes werden bereits bei der Laufherstellung berücksichtigt und dann eher als Würgebohrung bezeichnet. Die Größe bzw. die Verengung ist dann auf dem Laufbündel angegeben. So findet man diese Angabe oft auf älteren Querflinten oder auf Flinten, bei denen ganz bewusst auf Wechselchokes verzichtet wurde. Wechselchokes sind, wie der Name schon sagt, so gefertigt, dass man sie mit einem speziell dafür angefertigten Schlüssel oder sogar per Hand wechseln kann. Innerhalb der Wechselchokes gibt es dann noch die mündungsbündigen und die externen Chokes. Wenn die mündungsbündigen oft in Jagdflinten verwendet werden, findet man die externen Chokes oft in Sportflinten. Zum einen sehen diese etwas „cooler“ aus und meistens kann man sie schnell per Hand wechseln. Die Funktionsweise ist aber die gleiche.

Die optimale Streuung

Nun stellt sich die Frage: Wenn sich die Schrotgarbe im Flug verändert, wo hat sie dann den optimalen Punkt, um die Wurfscheibe zu treffen, und auf welche Entfernung ist dabei optimal? Die Antwort ist relativ simpel: an der Stelle, an der die Streuung einen Durchmesser von 75 cm oder 30 Zoll hat. Innerhalb dieses Bereichs haben wir eine Verteilung von innen nach außen nach der Gaußschen Glockenkurve. Im Zentrum liegen die meisten Schrote und nach außen wird die Schrotdichte geringer. Einige Schrote werden auch außerhalb der 75 cm liegen. Diese sind dann aber zu vernachlässigen. Wenn also die meisten Schrote, etwa 90 %, innerhalb der 75 cm liegen, haben wir die optimale Streuung, besser gesagt Deckung. Das bedeutet, dass wir innerhalb dieser 75 cm jede Taube treffen bzw. brechen, da an jeder Stelle genügend Schrote vorhanden sind, um von der Taube ein sichtbares Stück abplatzen zu lassen.

Wenn wir auf kürzere Distanz mit dem gleichen Choke schießen, haben wir ein zu große Schrotdichte und wir decken wirkungsvoll nur beispielsweise einen Bereich von 50 cm Durchmesser ab. Das würde bedeuten, dass wir zwar innerhalb der 50 cm eine noch größere Wirkung auf die Tontaube hätten, aber im Außenbereich 25 cm verschenken bzw. die Wurfscheibe nicht zerstört wird, da in diesem Bereich zu wenig Schrote vorhanden sind. Der Schütze muss also besser treffen, da die Streuung zu gering ist. Im umgekehrten Fall trifft der Schütze die Taube hinter unserem optimalen Punkt. Die Deckung ist an dieser Stelle sehr nachteilig, da sich der Durchmesser deutlich über 75 cm befindet. Im Zentrum der Schrotgarbe sind möglicherweise genügend Schrote, um die Taube zu zerstören, aber geht man in den Außenbereich, wird man Löcher in der Deckung finden, in denen die Taube durchschlüpfen kann. Der Schütze hat dann zwar getroffen, aber die Schrote reichen nicht aus, um die Taube zuverlässig zu treffen. Wenn von der Taube eine sichtbares Stück abfliegt, hat das dann auch mit etwas Glück zu tun.

Eine Beispielrechnung

Bei einem Radius von

  • 25 cm decke ich ca. 0,05 m2 ab
  • 50 cm decke ich ca 0,2 m2 ab
  • 75 cm decke ich ca. 0,45 m2 ab
  • 100 cm decke ich ca. 0,80 m2 ab (aber evtl. wirkungslos, da man über 75 cm liegt)

An diesem kleinen Zahlenbeispiel kann man erkennen, dass man relativ schnell die doppelte Fläche wirkungsvoll beschießen kann, wenn man die richtige Entfernung wählt. Es ist aber auch erkennbar, dass bei einer zu weiten Distanz schnell die ganze Schrotgarbe wirkungslos werden kann. Das bedeutet: schieße ich auf eine entfernte Taube mit einem offenen Choke, ist die Deckung womöglich nicht ausreichend. Schieße ich auf eine nahe Taube mit einem engen Choke, liegen die Schrote so dicht zusammen, dass ich evtl. vorbeischieße. Andersherum wäre die Kombination viel erfolgreicher. Und genau an der Stelle fängt es an, interessant zu werden.

Die Grafik zeigt eine beispielhafte Deckung von Chokes auf einer Distanz von 0 – 30 m. Dabei sind jeweils fünf Grade der Verjüngung angegeben (hier CYL – 1/1), die man auch auf den Chokes ablesen kann. 

Chokes im Einsatz

Wenn man sich nun die Möglichkeit vor Augen führt, dass man mit den mitgelieferten Chokes den optimalen Punkt vom Schützen weg oder zu ihm hin bewegen kann, erkennt man die Möglichkeiten, die diese unscheinbaren Röhrchen bieten. Dazu kommt, dass die meisten Flinten einen Umschalter für die Laufwahl haben. Man kann also noch während des Durchgangs wählen, welche Lauf-Choke-Kombination man zuerst schießen möchte. Wenn man bedenkt, dass sich beim Skeet die allermeisten Tauben auf maximal 25 Meter bewegen, würde es kaum Sinn ergeben, seine Flinte mit einem Voll-Choke auszurüsten der auf 35 Meter bei einem Radius von 75 cm die optimale Deckung hat. Man würde bei jedem Schuss mit diesem Choke Möglichkeiten verschenken.

Beim Trap sieht die Sache schon anders aus. Da ist es mitunter davon abhänging, ob ich ein schneller oder langsamer Schütze bin. Wenn ich die Wurfscheiben schon kurz hinter dem Bunker erwische, ist es sinnvoll einen offeneren Choke zu schießen als ein eher langsamer Schütze, der die Tauben später beschießt. Sicher ist allerdings, dass im Gegensatz zum Skeet der zweite Schuss immer auf eine entferntere Taube abgeben wird. Hier stellt sich die Frage der Laufwahl während eines Durchgangs nicht. Bei Skeet sehr wohl.

Welcher Choke für welche Entfernung?

Woher weiss ich nun, mit welchem Choke welche Deckung erreicht wird? Die Antwort ist klar: ausprobieren! Die Kombination aus Lauf, Lauflänge, Patrone und Choke ist nicht vorhersagbar. Wenn man das Thema Choke für sich zum Vorteil nutzen möchte, ist es notwendig, die Kombinationen auf einer Ent­fernung von beispw. 25 Meter auszuprobieren. Hat man dann noch ein wenig Zeit und Muße, kann man den Choke und die Entfernung solang varrieren, bis man den optimalen Durchmesser von 75 cm erreicht hat. Erst dann weiss man, wie die Waffe mit den geladenen Patronen in Kombination mit dem Choke schießt. Daher ist es nicht unbedingt ratsam, zum Wettkampf eine „bessere“ Patrone zu benutzen, da es durchaus sein kann, dass sich diese mit Lauf und Choke anders verhält. Das ganze muss man natürlich mit allen Patronentypen machen, die man verwendet. Hat man dann gesicherte Werte für seine Flinte, kann man loslegen und seine Chokes sinnvoll einsetzen.

Fazit

Chokes sind eine sehr hilfreiche Unterstützung beim Wurfscheibensport. Aber nicht „out of the box“. Wer seine Chokes wahllos in seiner Flinte dreht und rumprobiert, wird wenig nachhaltigen Erfolg haben. Man sollte sich auch nicht auf sein Gefühl verlassen nach dem Motto: „Seitdem ich den Vollchoke drin habe, treffe ich besser!“ Nimmt man sich allerdings Zeit und prüft die Deckung mit einer Anschussscheibe oder einer großen Pappe, hat man in ein bis zwei Stunden volle Klarheit. Gerade beim Skeet verschenkt man schnell den einen oder anderen Treffer, wenn man die Kombination aus Choke und Laufumschalter nicht nutzt.

Text und Bilder: Dominik Allartz