Krieghoff in Ulm: Eine K-80 entsteht


„DieFlinte“Ausgabe 1/2014

Eine K-80 von der Firma Krieghoff ist nicht gerade eine günstige Flinte. Die Begründung liegt im hohen Anteil der manuellen Fertigung bei der Produktion. Die Firma Krieghoff gab uns Einblick in die heiligen Hallen.

Wer sich mit der K-80 beschäftigt, muss sich eigentlich erstmal mit der Historie und der Tradition des deutschen Waffenherstellers beschäftigen. 

Die Firma Krieghoff hat eine Historie, die weit in das 18. Jahrhundert hineinreicht und zählt somit zu den ältesten Büchsenmachern in Deutschland. Mehrere Umzüge vor und nach dem 2. Weltkrieg und eine Demontage der Produktionsmaschinen durch die Siegermächte zeigen, dass die Vergangenheit nicht immer rosig war. Heute erstrahlt die noch Inhabergeführte Waffenmanufaktur in altem und neuem Glanz.

Heute beschäftigt Krieghoff wieder knapp 100 Mitarbeiter in Ulm und 25 Mitarbeiter in den USA. Die USA zählt für die Manufaktur zu den größten Abnehmern von Büchsen und Flinten. Der Flintensport ist in den USA sehr viel verbreiteter und man kann ihn dort schon als Breitensport bezeichnen. Das war für die Familie Krieghoff Grund genug, einen Standort in den USA zu eröffnen, der seit den späten 70ern von Dieter Krieghoff geführt wird.

Ein Stück Stahl ist der Anfang

Die Basküle einer K-80 wird ähnlich wie bei den anderen Modellen von Krieghoff aus dem Vollen gefräst. Modernste Technik ermöglicht heute im Gegensatz zur Vergangenheit eine effizientere Herstellung der gefrästen Teile. Vor einigen Jahren mussten noch eine große Anzahl eines Werkstücks gefertigt werden, um effizient  arbeiten zu können. Dank der neuen Technik können heute verschiedendste Werkteile nacheinander produziert werden. Die Rohlinge stehen in einem Regal, ein Roboter nimmt sich die jeweilige Aufgabe und holt sich die nötigen Informationen aus der Datenbank, um das Werkstück zu bearbeiten. Durch dieses Fertigungsverfahren hat sich die Lieferzeit einer K-80 deutlich verringert, da man individuell auf jede Nachfrage reagieren kann und nicht warten muss, bis genügend Anfragen zusammenkommen. Heute beträgt die Wartezeit aber dennoch drei Monate. Der ganze Vorgang, um eine Basküle für eine K-80 aus dem Vollen zu Fräsen, dauert zwei Stunden. Ebenso wie die Basküle werden Verschlussteile, Dis-tanzstücke und beispielsweise die Teile für die Abzugseinheit im Haus mit eigenen CNC-Fräsmaschienen hergestellt.

Handarbeit wird großgeschrieben

Wenn man nun glaubt, dass bei Krieghoff in Ulm alles automatisch zugeht, der irrt. Der hohe Anspruch an das Produkt bedingt im Haus eine hohes Maß an Handarbeit. 

Beispielsweise werden die Läufe und viele andere Teile immer noch von Hand zusammengelötet. Das Laufbündel wird dann in acht Produktionsschritten verlötet, mit Dis-tanzstücken versehen, brüniert und mit einer individuellen Laufschiene versehen.

Da bei jedem Produktionsschritt die Läufe in irgendeiner Form mit Wärme behandelt werden, kann es dazu führen, dass sich die Läufe verziehen und sie somit nicht mehr präziese schießen würden. Eigens dafür werden nach jedem Schritt die Läufe in eine Vorrichtung eingespannt, es wird kontrolliert, ob die Läufe noch gerade sind. Dazu schaut ein Mitarbeiter durch den Lauf und durch Drehen des Laufes und Beobachtung des Schattenfalls gegen das Licht kann der Mitarbeiter sehen, ob der Lauf justiert werden muss oder nicht. Durch eine Biegemaschine wird dann – falls nötig – der Lauf korrigiert. Erst dann wird der nächste der acht Bearbeitungsschritte durchgeführt.

Jedes Teil wird nachgearbeitet

Jedes Werkteil einer K-80 wird von Hand nachgeschliffen, um kleinste Grate zu entfernen und Oberflächen so zu bearbeiten, dass sie später auf der Waffe edel und angenehm für den Schützen sind.

Zu der Oberflächenbehandlung gehört natürlich auch die Brünierung. An der Stelle werden bei Krieghoff zwei Verfahren angewendet. Die Streichbrünierung und die Brünierung im Elektrolyse-Bad. Bei der Streichbrünierung wird der Vorgang mehrfach wiederholt und danach werden die Fertigungsteile an der Poliermaschiene von Hand poliert. Die Brünierung per Tauchbad ist die Alternative und wird ebenfalls in Ulm eingesetzt.

Gravieren 

Nachdem die Basküle mehrfach bearbeitet wurde, kommt die Gravierabteilung zum Einsatz. Hier erwartet man einen alten Mann mit Bart und vielen Jahren Erfahrung auf dem Buckel. Nicht so bei Krieghoff. Der Mitarbeiter, der die Basküle veredelte, war noch jung an Jahren und erinnerte eher an einen Rockkonzertbesucher. So ist recht! Denkt man kurz darüber nach, merkt man schnell, dass die Firma Krieghoff konsequent auf die Ausbildung von jungen Menschen setzt. Die eigene Lehrwerkstatt mit eigenem Meister gibt den jungen Auszubildenden die Möglichkeit, den Beruf des Büchsenmachers von der Pike auf zu lernen. Schon zu Anfang der Ausbildung werden die jungen angehenden Büchsenmacher mit kleinen Reparaturaufgaben oder Änderungen von Kundenwaffen betraut. Unter fachkundiger Aufsicht des Lehrmeisters entstehen dann handwerklich exzellente Arbeiten. 

Zurück zum Gravieren. In der Gravur bleibt kein Kundenwunsch unerfüllt. Eine Gravur kann schon mal schnell ein bis zwei Wochen Arbeitszeit bedeuten und jeder, der so eine Arbeit in Auftrag gibt, muss sich darüber im Klaren sein, dass dies den Anschaffungspreis einer K-80 erheblich beeinflussen kann. 

Der Lauf schießt – Der Schaft trifft

Dieser Satz ist bei einer Sportflinte natürlich noch viel existenzieller als bei Büchsen. Was nützt einem die beste Flinte, wenn der Schaft nicht auf den Schützen angepasst worden ist?

Wer eine K-80 sein Eigen nennen will, muss oder darf (!) nach Ulm kommen, um den Schaft seiner Sportflinte an die eigene Schulter anpassen zu lassen. 

In einer eigenen Abteilung wird dann mit dem Kunden zusammen der Holzrohling ausgesucht. Dieser besteht immer aus Türkischem Nussbaum. Danach wird der Kunde vermessen und gemäß seinen Wünschen wird der Schaft angefertigt und angepasst. Das dauert in der Regel nur 24 Stunden, damit der Kunde den Aufenthalt in Ulm optimal einplanen kann.

Was danach entsteht, ist immer ein Unikat. Wer seine K-80 in Ulm auf sich anfertigen lässt, hat eine Flinte, die optimal passt und im Wettkamp wunderbar in den Anschlag geht und dann auch trifft. Somit ist klar, dass auch die Schaftfertigung und Anpassung bei Krieghoff Handarbeit ist.

Montage

Wenn alle Komponenten fertig sind, wer-den diese in einer eigens dafür vorgesehenen Abteilung zusammengefügt. Da jede K-80 individuell mit dem Büchsenmacher konfiguriert wird, kann man nicht wahllos in die Schubladen greifen. Jede K-80 wird mit einem Laufzettel vom Kunden ab der ersten Sekunde in der Fertigung verbunden. In der Endmontage kommen die Laufbündel mit der gewünschten Länge und Varianten mit der Basküle mit individuellen Gravuren und dem angepassten Schaft zusammen. Anhand des Datenblattes wird dann nochmal  kontrolliert, ob alle Komponenten richtig verbaut wurden und alle Wünsche des Kunden berücksichtgt wurden. In der Auslieferung gleicht dann keine K-80 der anderen. 

Die Büchsenmacher

Wer durch die Hallen der Produktion geht merkt schnell, dass in Ulm jeder Mitarbeiter stolz auf sein Produkt ist und voll hinter der Marke Krieghoff steht. Wenn man eine K-80 in die Hand nimmt, kann man das förmlich spüren. Alle Komponenten sind Büchsenmacherkunst vom Feinsten.

Wer bei Krieghoff arbeiten möchte, muss allerdings eine weiße Weste haben. Wer Waffen herstellt, repariert oder sogar benutzt, muss die sog. Zuverlässigkeit seiner Mitarbeiter gewährleisten und strenge Sicherheitsrichtilinen befolgen. Das wird in Ulm sehr großgeschrieben.

Modellpflege

Auf die Frage, ob es bald eine K-90 geben würde, wurden wir freundlich belächelt. Die K-80 wird immer K-80 heißen, weil das Grundsystem ausgereift ist und alle Innovationen auf dieser Basis in die Entwicklung einfließen. Man hätte also schon mehrfach eine neues Modell auf den Markt bringen können, weil sich die K-80 in den letzten 33 Jahren fortwährend weiterentwickelt hat. Es ist aber nicht die Strategie von Krieghoff, dauernd ein neues Modell auf den Markt zu bringen, sondern sich lieber permanent mit der Weiterentwicklung der Modelle zu beschäftigen. Man kann also sagen, dass der Kunde heute und vor 33 Jahren die gleiche Waffe bekommen hat. Nämlich jeweils die aktuellste Entwicklung der K-80. In vielen Merkmalen werden sich die beiden Flinten gleichen, in machen Merkmalen werden sie sich unterscheiden. Es ist aber ganz klar in beiden Fällen eine K-80.