Mein neues Spielzeug – Meine Auto-5


Die Flinte Ausgabe 2/2014

Kurz vor seinem Tod entstand 1926 ein legendäres Foto von John Moses Browning. Es zeigt den Erfinder im Anzug und mit Hut, in der rechten Hand seine Auto-5. Liebe Freunde haben mir zu Weihnachten eine Auto-5 geschenkt. Wenn ich sie schieße, fühle ich mich, als wenn die Geschichte zu mir käme. Als wenn John Moses Browning neben mir stünde und sagte: „Probier mal.“ 

Die Auto-5 erkennt man sofort am senkrechten hinteren Abschluss des Systemkastens. Dieser „Look“ ist einmalig und sagt dem Betrachter: Das ist eine John Moses Browning. 

Ihr Name sagt, dass sie (halb-)automatisch nachgeladen wird und fünfschüssig ist (eine Patrone im Patronenlager und vier im Magazin). Für unseren Markt ist das Magazin auf zwei Patronen begrenzt, auf dem Schießstand darf die Flinte insgesamt nur mit zwei Patronen geladen werden, inklusive der im Patronenlager. 

Die halbautomatische Funktion geschieht nach dem Prinzip des Rückstoßladers, wobei hier der Lauf nach jedem Schuss komplett nach hinten läuft. Lauf und Verschluss bewegen sich zusammen rückwärts und werden erst – ganz hinten angekommen – voneinander getrennt, der Lauf schnellt dann wieder nach vorne in Schussposition, dabei wird die leere Hülse ausgeworfen, eine neue Patrone wird im Vorlaufen des Verschlusses aus dem Magazin nachgeführt, der sich nach vorne bewegende Verschluss führt die Patrone in das Patronenlager ein, Lauf und Verschluss werden verriegelt. Man muss diese Flinte geschossen haben. Sie vermittelt im Schuss ein mit nichts zu vergleichendes Gefühl. Es mit Worten beschreiben zu wollen, würde dem Erlebnis nicht gerecht werden. 

In den 1990er-Jahren wurde die Auto-5 nochmals aufgelegt. Seit Beginn der Produktion vor etwa 110 Jahren wurden bis 1998 mehr als vier Millionen Stück produziert und verkauft. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Remington für den USA-Markt die Auto-5 in Lizenz als Remington Modell 11 gebaut hat. Ich wollte natürlich wissen, aus welcher Zeit meine Flinte stammt. Meine Nachfrage über die Seriennummer bei Browning ergab, dass sie 1962 hergestellt wurde, also nun 52 Jahre alt ist. Um es vorweg zu nehmen, trotz ihres Alters wird es mir auch mit aller Mühe nicht gelingen, sie „kaputt“ zu schießen. Die Auto-5 ist Waffe gewordenes Vertrauen. Das ist alles so solide gemacht. Die Auto-5 scheint zu ihrem Besitzer zu sprechen: „Ich bin unkaputtbar.“ 

„Der grundeinfache und geradlinige Charakter dieses Mannes wird durch den unverfälschten Funktionalismus seiner Entwürfe widergespiegelt. Da gab es keine Kinkerlitzchen; alles war auf das Wesentliche reduziert. […] Seine Waffen waren robust, äußerst praktisch und funktionell.“ aus: Winchester – Eine amerikanische Legende, R. L. Wilson, Motorbuchverlag Stuttgart 1991. 

Zum Erstaunen herbeieilender Beobachter auf dem Schießstand führe ich mit Stolz mein Speed-Loading-System und die Magazinsperre vor. „Aber das haben doch nur die neuesten und teuersten Browning-Selbstladeflinten?“, – heißt es dann. Weit gefehlt, meine Auto-5 hat das auch. 

„Aber die schießt nicht mit 24-g-Schrotpatronen!“, – heißt es als nächstes. Als Antwort lade ich sie mit den Patronen Fiocchi TT Two 24 g No. 7 ½. Oder mit Fiocchi Skeet Streu 24 g. Meine Auto-5 repetiert sie so sauber, als hätte John Moses Browning sie im Jahre 1898 geradezu für den Gebrauch in 2014 mit 24-g-Schrotpatronen entwickelt. Nicht eine einzige Zuführstörung, seit Weihnachten. Und ich habe meine Auto-5 seitdem wirklich oft zum Stand mitgenommen und viel geschossen! Vorsicht: Suchtfaktor! 

Bei „ordentlichen“ Treffern wird die Wurfscheibe in ihre Urelemente zerlegt, also Feinstaub. Ich weiß nun warum. Der Büchsenmacher meines Vertrauens hat kürzlich den Choke meiner Auto-5 gemessen. Er ist enger als „Voll“. Meine Flinte hat einen Festchoke. Stahlschrotpatronen werde ich nicht schießen können. Auf der Jagd sollte ich nicht zu nah schießen und in gewissen Distanzbereichen Streupatronen laden.  

Wer auf der Suche nach einer Zweitflinte ist oder als Beginner eine günstige Einstiegsflinte kaufen will, sollte sich die Auto-5 mal anschauen. Aus Nachlässen, beim Büchsenmacher oder im Internet lassen sich hervorragend erhaltene Stücke für wirklich kleines Geld finden. Empfehlenswert ist der Weg über den Büchsenmacher. Alte Waffen sollte ein Fachmann überprüfen. 

Genau genommen will ich eigentlich ausdrücken, dass jeder eine Auto-5 haben sollte (jeder, der eine Erwerbsberechtigung hat, natürlich). Das Erlebnis, eine Auto-5 zu schießen, sollte man sich wenigstens einmal in seinem Leben gönnen. Sie wissen doch: Ein Mann sollte einen Baum gepflanzt haben und eine Browning Auto-5 geschossen haben. Oder so … 

Dieser Artikel sollte nicht enden, ohne zu erwähnen, dass John Moses Browning ein ausgezeichneter Schütze war. „Er und sein Bruder Matt bildeten in den 1890er-Jahren zusammen mit G. L. Becker und A. P. Bigelow aus Ogden (die ,vier B’s’) das führende Tontauben- und Vogelschützen-Team in Utah.“ aus: Winchester – Eine amerikanische Legende, R. L. Wilson, Motorbuchverlag Stuttgart 1991.

Kommentar Auto-5

Wie fortschrittlich muss diese Entwicklung der Auto-5 im Jahr 1900 gewesen sein,  wenn heute, 114 Jahre später, diese Selbstladeflinte noch Maßstäbe setzt!

Unsere Testwaffe hat zwar noch keine 114 Jahre auf dem „Buckel“, aber bereits deutlich über 50 Jahre und kann doch auch in punkto Ausstattung mit „neuen/modernen“ Selbstladeflinten mithalten. Speed-Loading, Magazinbegrenzung, Magazinsperre, alles Schlagworte, mit der heute die Selbstladeflinten beworben werden, sind ein alter Hut für die Browning Auto-5, die diese Merkmale bereits im Jahr 1900 als Standardausstattung mitbrachte. Selbst bei 24-g-Patronen kam es während des Testschießens zu keiner einzigen Störung, die Auto-5 verschoss auch diese Patronen ohne jegliches Mucken. Nimmt man die Auto-5 auf, so hat man was in der Hand. Die Stahl- und Holzkonstruktion, die ohne jeglichen Kunststoff auskommt, hat ihr Gewicht, was jedoch in einem hervorragenden Schussverhalten endet. Die Flinte will quasi zur Taube, den Lauf zieht es in die Flugbahn und somit bleiben Treffer keine Seltenheit, sondern sind die Regel.

Für mich steht es fest: Brownings Auto-5 ist „die einzig wahre Selbstladeflinte“, alles andere sind nur Kopien! Stefan Schiffer

Fotos: Dominik Allartz
Text: Detlef Riechert