„Wer die Wahl hat, hat die Qual“: Welche ist die Richtige für mich?
„DieFlinte“ Ausgabe 1/2014
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet …“ – heißt es im Volksmund. Nun muss man sich an eine Flinte nicht ewig binden. Aber die falsche zu kaufen, kann ein teures „Vergnügen“ werden. Eine Gebrauchtwaffe, und eine solche ist eine Neuwaffe eine Stunde nach dem Kauf schon, verkauft man in diesen Zeiten nicht mal so eben.
Flintenschießen ist Sport
Wer noch nicht Flinte geschossen hat, glaubt es nicht. Flintenschießen ist Sport! Ein Bewegungssport! Wie das Wort schon sagt, es geht um das Bewegen und es ist ein Sport. Dazu braucht man Kraft und Kondition. Damit das Hobby nicht zur Qual wird, sollte man sich sein Sportgerät sorgfältig aussuchen. Eine gute Beratung durch den Verkäufer ist ein „must be“, wie die Engländer so schön sagen. Eine zwingende und unverzichtbare Notwendigkeit. Das Gespräch hingegen hauptsächlich auf Rabattebene zu führen, hieße, sich in eine No-go-Area zu begeben. Rabatte treffen nicht, die richtige Flinte schon eher. Ein Verkäufer, der sein Produkt hauptsächlich über den Preis verkauft, geht nicht auf die wirklichen Bedürfnisse seines Kunden ein. Denn der hat am Ende das Nachsehen, wenn er nicht die Flinte bekommt, die seinen Bedürfnissen und körperlichen Voraussetzungen entspricht.
Welche ist die Richtige?
Die richtige Flinte auszusuchen, wird oft verwechselt mit „die passende Flinte“ zu suchen. Das eine hat mit dem anderen nicht notwendigerweise zu tun. Die passende Flinte wird man ohnehin nicht „auf der Stange“ finden, das wäre wie ein Sechser im Lotto. Also sollte man danach auch besser nicht suchen. Die für ihn richtige Flinte jedoch kann jeder finden. Das kostet ein bisschen Mühe und Zeit, aber die sind gut investiert.
Die kritische Phase des Schießens mit der Flinte ist der Weg zum Ziel. Er sollte mit den Augen der Flinte gesehen werden (können). Dazu muss man die Bewegung der Flinte während dieser Phase kontrollieren und sie auch danach im Schuss und im Weiterschwingen auf der Ideallinie führen können wie einen Formel-1-Boliden auf der Rennstrecke.
Ein sinnvoller Test ist (Waffe vorher entladen!):
Man nimmt die Schießstellung ein, „Halb-eins-bis-Halb-drei-Stellung“, Nasenspitze über den linken Zehen, 60 % des Körpergewichtes auf dem linken Fuß, linkes Bein leicht gebeugt, Oberkörper nach vorne gebeugt, als ob man etwas von einem Tisch aufheben wolle (gilt für den Rechtshänder, Linkshänder spiegelverkehrt). Diese Stellung wird während der gesamten Übung genau so beibehalten. Die Stellung darf während der Übung nicht verändert werden.
Nun nimmt man die Flinte in die linke Hand (gilt für den Rechtshänder, Linkshänder in die rechte Hand).
Dann führt man die Flinte mit der linken Hand, ohne die rechte zu Hilfe zu nehmen, in den Anschlag, also mit der Schaftkappe in die rechte Schultertasche und mit dem Schaft an das rechte Jochbein (gilt für den Rechtshänder, Linkshänder rechte Hand, linke Schultertasche und linkes Jochbein.)
Diese Anschlag-Bewegung führt man mehrmals hintereinander aus, ohne die Flinte abzusetzen.
Wer sportlich Trap im Voranschlag schießt, muss das natürlich nicht können. Für alle anderen Disziplinen, in denen eine Anschlagbewegung gefordert ist, gilt: Man sollte es können. Die Flinte ist dann nämlich nicht zu schwer. Sie könnte andererseits natürlich zu leicht sein. Da man eine schwerere Flinte im Allgemeinen besser kontrollieren kann, versucht man im nächsten Schritt, ob die Übung auch mit einer schwereren Flinte möglich ist.
Wer eine Flinte besitzt, mit der ihm diese Übung nicht gelingt, dem ist die Flinte zu schwer. Es gibt dann zwei Möglichkeiten: Entweder macht man Kraft- und Konditionstraining oder kauft eine neue Flinte.
Je weiter jemand von der richtigen Ausführung der Übung entfernt ist, wem die Flinte also mehr oder weniger zu schwer ist, desto mehr wird er beim Schießen (mit beiden Armen natürlich) seinen Oberkörper nach hinten lehnen, statt nach vorne zu beugen, um seinen Körperschwerpunkt unter die Waffe zu bringen. Er wird als Rechtshänder die Flinte mit der rechten Hand führen, weil er in der mehr Kraft hat, statt mit der linken, als Linkshänder mit der linken statt mit der rechten. Statt die Flinte beweglich vor dem Oberkörper mit leichtem Kontakt zum Körper zu führen, wird er sie am Körper festklemmen. Im schlimmsten Falle wird die Flinte für den Schuss außerdem noch ruckhaft zur Schulter geworfen werden, bei gleichzeitigem nach hinten Werfen des Oberkörpers. Wegen des Missverhältnisses zwischen den eigenen körperlichen Voraussetzungen und dem Gewicht der Waffe werden die korrekte Stellung und Körperhaltung aufgegeben. Die Folge ist, dass die geforderten und notwendigen Bewegungsabläufe des Anschlages ganz einfach nicht möglich sind.
Nicht nur das Waffengewicht, sondern auch die Lauflänge spielen bei diesem Thema eine wichtige Rolle. Man sollte nicht unterschätzen, welchen Einfluss schon
5 cm Unterschied in der Lauflänge wegen der Hebelwirkung haben können. Denn die 5 cm mehr Länge sind vorne an der Waffe und nicht hinten!
Die Ausgestaltung des Hinterschaftes, Pistolengriff, englische Schäftung, sowie Art und Form des Vorderschaftes haben einen Einfluss darauf, wie der Schütze die Flinte in den Händen halten kann.
Ob Links- oder Rechtsschütze, er soll nach vorne gebeugt stehen und die Flinte mit seiner schwächeren Hand führen. Die richtige Stellung und Körperhaltung des Schützen sind eine unabdingbare und unverzichtbare Voraussetzung dafür, die gewünschten Bewegungsabläufe durchführen und infolgedessen gut und erfolgreich schießen zu können. Diejenige Flinte ist die richtige, die es dem Schützen ermöglicht, die korrekte Stellung nicht nur während eines gesamten Schießvorganges durchzuhalten, sondern auch während eines ganzen Trainings oder Wettkampfes.
„Probieren geht über Studieren!“
Außerhalb des Schießstandes kann man nur bis zu einem gewissen Grad eine Flinte für sich aussuchen. Besser ist es, mit verschiedenen Flinten, auch verschiedenen Flintentypen, ein paar Serien unter Echt-Bedingungen zu schießen. Mancher wird zum Beispiel überrascht sein, dass er – wider seinen Erwartungen – mit einer Selbstladeflinte viel besser zurechtkommt als mit einer Bockdoppelflinte. Oder mit dem Kaliber 20 besser als mit 12. Oder mit längeren Läufen. Oder mit kürzeren. Oder, oder, oder. Wenn Sie ein Auto kaufen, machen Sie auch eine Probefahrt, oder?
Nun ist die Zeit gekommen, die Flinte zu individualiseren
Erst wenn die Kaufentscheidung gefallen ist, bricht die Phase der Anpassung des Schaftes an. Die eigenen Idealmaße lässt man von einem Fachmann mithilfe eines Gelenkgewehres ermitteln. Im nächsten Schritt werden gewünschter Pitch, Länge des Schaftes, Senkung und Schränkung auf die neue Flinte übertragen. Dies ist das Verfahren der nachträglichen Schaftanpassung. Natürlich kann man auch aus einem Holzrohling von vornherein seinen individuellen Schaft modellieren lassen. Dass letzteres deutlich teurer ist, versteht sich von selbst. Die nachträgliche Schaftanpassung einer seriengefertigten Flinte ist preislich deutlich günstiger.
Die Schaftanpassung kann, aber muss nicht in einem Schritt geschehen. Wenn man sich nicht sicher ist, beginnt man mit der Länge des Schaftes und dem Pitch, vielleicht auch mit der Senkung, aber verschiebt zum Beispiel die Schränkung zeitlich nach hinten.
Zuerst die Stellung und dann die Flinte
Flintenschießen beginnt mit der Stellung des Schützen und setzt sich als nächstes mit der Flinte fort. Erst danach gilt es, das Thema Augendominanz zu behandeln und dann eine Methode und eine Anschlagtechnik zu erlernen.
Stellung und Flinte sind der Anfang von allem. Hier kann man ganz viel falsch, aber auch alles richtig machen.
Der Schwerpunkt der Flinte muss während des gesamten Bewegungsvorganges vor dem Körperschwerpunkt des Schützen liegen, sonst können die richtigen Bewegungen nicht ausgeführt werden. Eine gleitende, flüssige, weiche und harmonische Anschlagbewegung führt zur Vollendung des Anschlages, zu einem korrekten Kontakt mit der Schultertasche und dem Jochbein.
Anfang schlecht, Ende schlecht. Anfang gut, Ende gut, alles gut!
Detlef Riechert
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