Meine Begegnung mit einer außergewöhnlichen Italienerin: Beretta A 400 Xtreme Unico Optifade


„DieFlinte“ Ausgabe 1/2014

Selbstladeflinten sind oft nicht gerne gesehen. Manchmal sind sie sogar verpönt. Wenn sie dazu noch wie ein Tarnnetz gemustert sind, stehen so manchem die Haare zu Berge. Völlig unbegründet, meine ich. Die Beretta A 400 Unico im Schlangen-Look ist eine Gelegenheit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. 

Der Waffentyp Selbstladeflinte 

Was macht Selbstladeflinten in Deutschland so unbeliebt? Tatsächlich ist die Abneigung gegen Selbstladeflinten ist eine Erscheinung im deutschsprachigen Raum. Das benachbarte Ausland kennt diese Antipathien nicht, die ferneren Staaten wie die USA erst recht nicht. Die Aversion mag teilweise aus der Jagd kommen, wo gelegentlich undisziplinierte Jäger mangelnde Schießkünste durch eine höhere Magazinkapazität auszugleichen versuchten. Ich spreche ausdrücklich in der Vergangenheitsform, weil nach meinen Beobachtungen die nachfolgende Generation der jungen Jäger sehr engagiert und professionell mit dem Thema umgeht. Davon einmal abgesehen, kann die Selbstladeflinte ja nichts dafür, wie ein Jäger sie behandelt. Wenn jemand gut und diszipliniert schießt, so wird er auch mit einem Selbstlader so verfahren. Es gibt keinen Grund, warum jemand mit einer Selbstladeflinte anders schießen sollte als mit einer Bockdoppel- oder Querflinte. Die Jagd soll jedoch hier nicht das Thema sein.

Auf dem Schießstand dürfen ohnehin nur zwei Patronen geladen werden, eine ins Patronenlager und eine in das Magazin. Insofern besteht überhaupt kein Unterschied zu einer Bockdoppelflinte. Das Argument Ausgleich schlechter Schießfertigkeit versus hohe Pa-tronenzahl zieht auf dem Schießstand nicht. Als nächstes Contra könnte die Sicherheit ins Spiel gebracht werden. Es hat den Anschein, Menschen fühlten sich durch eine Selbstladeflinte auf einem Schießstand gefährdet. Durch eine Waffe wird man immer gefährdet, egal um welchen Waffentyp es sich handelt. Dessen sollte man sich stets bewusst sein. Eine Waffe ist gefährlich. Die Frage muss daher insofern präzisiert werden, ob man durch eine Selbstladeflinte mehr gefährdet wird als durch eine Doppelflinte. Wenn beide mit je zwei Patronen geladen werden und man je eine davon abfeuert, dann sind danach beide Waffen mit einer weiteren Patrone feuerbereit. Insofern besteht auch hier kein Unterschied. Wenn man auf seinem Stand geschossen hat, bricht man die Doppelflinte, entlädt sie, oder zieht den Verschluss der Selbstladeflinte zurück und entlädt sie. Gehen wir vom Schießen zum Tragen der Waffe über. Eine Doppelflinte als Kipplaufwaffe wird gebrochen, mit den Läufen nach unten und ungeladen getragen, eine Selbstladeflinte mit geöffnetem Verschluss und dem Lauf nach oben. Der sichere Zustand der gebrochenen Kipplaufwaffe ist von jedem auf dem Schießstand von allen Seiten unzweifelhaft zu erkennen. Der Zustand der Selbstladeflinte, abgesehen davon, dass der Lauf nach oben gerichtet ist, kann nur durch diejenigen zweifellos beurteilt werden, die auf der Seite stehen, von der aus sie den geöffneten Verschluss sehen können. Es geht hierbei mehr um die Frage der Kontrolle der Sicherheit als um die sichere Waffenhandhabung. Insofern will ich gerne zugeben, dass es für das Standpersonal schwieriger ist, über einen Selbstlader die Aufsicht auszuüben.

Letzten Endes ist alles – vom Standpunkt des Schützen aus gesehen – immer eine Frage der guten und sicheren Waffenhandhabung. Den Lauf einer Waffe richtet man niemals auf einen Menschen, ganz gleich, ob sie geladen oder ungeladen, der Verschluss geöffnet oder geschlossen ist oder ob sich die Sicherung in ON- oder OFF-Position befindet. Wenn man sich daran ausnahmslos und stringent hält, sind die meisten Unfälle bereits ausgeschlossen. 

Die Gefahr, die von einer Waffe ausgeht, ist keine Frage des Waffentyps, sondern des Menschen, der sie bedient. 

Holz oder Camouflage?

Vielfach ebenso argwöhnisch beobachtet wie der Selbstlader ist der Camouflage-Look von Waffen. Warum eigentlich? Weil damit Krieg oder Terrorismus assoziiert wird? Weil wir „keine amerikanischen Verhältnisse“ wollen? Wir sind von McDonald´s Restaurants umzingelt. Für manche ist Halloween wichtiger als ihr eigener Geburtstag. Sänger singen nicht mehr, sondern sie performen. Was zählt, ist nicht Leistung, sondern Performance. Unsere Gesellschaft ist durchdrungen von amerikanischen Verhältnissen. Aber es gibt immer noch ganz viele Menschen, die standhaft behaupten, dass niemand amerikanische Verhältnisse will. Waffengegner zum Beispiel fordern ein generelles Waffenverbot oft mit der Aussage: (Empörung ON) „Sie wollen doch wohl keine amerikanischen Verhältnisse?!“ (Empörung bleibt in ON-Stellung.)

Wir Schützen sollten so selbstbewusst sein, mit den Themen Selbstladeflinten und Camouflage-Beschichtung ganz einfach „relaxed“ umzugehen.

Die Tatsache ist doch bemerkenswert, dass schon Damen-Gummistiefel im Camo-Design verkauft wurden. An eine Zielgruppe, die nichts mit der Jagd am Hut hat. Einfach, weil es als schick angesehen wird. In Schuh-Geschäften auf der Königsallee in Düsseldorf. Nicht in einem Waffengeschäft auf der Reeperbahn! Wenn andere so entspannt sind mit Camo, warum dann nicht wir?

Kommen wir zu den Fakten. Für einen Tauben-Jäger kann ein handfester Grund sein, seine Flinte tarnen zu wollen. Egal ob Jäger oder Sportschütze, man darf Camouflage schick finden, wenn eine Dame, die Gummistiefel kauft, das auch tut. Wer einmal eine moderne Camo-Beschichtung einer Flinte angefasst hat, wird ohnehin nichts anderes mehr anfassen wollen. Das fühlt sich einfach gut an, ist rutschfest, auch mit nassen oder feuchten Händen. Selbst wenn es saukalt ist, fasst man dieses Material immer noch gerne an.

Ablehnung von Camouflage ist nach meiner ganz persönlichen Meinung eher der Ausdruck einer Befindlichkeit als die Folge einer begründeten Überlegung.

Die Beretta A 400 Xtreme Unico Synthetic Camo – Optifade Waterfowl

Ich traf die außergewöhnliche Italienerin zufällig bei einem Flintentest einer Jagdzeitschrift. Sie zog mich augenblicklich in ihren Bann. Sie war so anders als andere! Sie sah einfach gut aus.

Und als ich sie erst in den Händen hielt. Ich wollte gar nicht mehr von ihr lassen…

Sie zu schießen, macht süchtig. Sie gleitet wie von selbst in den Anschlag. Sie liegt ruhig im Schuss. Ein Rückstoß ist fast nicht zu spüren. Den Ladevorgang nimmt man nicht wahr.

Man hat das Gefühl, die Flinte will zum Ziel hin. Die gesamte Waffe strebt vorne mit dem Lauf zum Ziel und mit dem Schaft zur Schultertasche und dem Jochbein, wobei es wirklich leicht ist, die Balance zwischen Lauf und Hinterschaft während der Anschlagbewegung zu halten. 

Jeder, dem ich sie zum Probieren gab, kam sofort mit ihr klar, was das Schießen anbelangt. Der eine oder andere war zunächst ungeübt im Laden und Bedienen einer Selbstladeflinte, aber das tat beim Schießen und Treffen absolut keinen Abbruch.

Ursprünglich für den Wasserwildjäger entwickelt, besteht die A 400 Xtreme aus nichtrostenden und korrosionsgeschützten Materialien. Sie hat das Kaliber 12/89 und soll alle Patronen von 24 g bis 64 g verarbeiten. Das ist eine technische Herausforderung. Wir wissen, dass die Flinte das hält, was die  Werbung des Herstellers verspricht. Für den Sportschützen ist nur interessant, ob sie wirklich 24-g-Patronen problemlos verdaut. Darum haben wir das nicht nur einmal geprüft. Sie tut es wirklich. Das können bei Weitem nicht alle Selbstladeflinten.

Die A 400 ist ein Gasdrucklader. Weil ein Teil der Gase, die durch den Schuss frei werden, für den Ladevorgang verwendet wird, nimmt die Flinte systembedingt schon einiges vom Rückstoß weg. Sie besitzt aber außerdem noch das Beretta Kick-Off Mega-System für Rückstoßminderung, das sich im Hinterschaft befindet. Der Hinterschaft ist hierzu zweigeteilt. Das Gasdruckladesystem in Verbindung mit dem Kick-Off bewirkt, dass mit 24-g-Schrotpatronen der Rückstoß fast nicht mehr spürbar ist.

Die Flinte hat HP Optima-Bore Wechselchokes und ist Stahlschrotbeschossen.

Die Schaftlänge lässt sich variieren. Zwei in der Schaftkappe verdeckte Schrauben dreht man heraus und hat die Wahl zwischen einem Distanzstück von 1,5 cm und einem von 2,5 cm Breite. Das Maß vom Abzug bis zum hinteren Ende des Schaftes ohne jegliche Kappe beträgt 34 cm. Mit Schaftkappe sind es 36 cm. Durch Kombinationen mit den Distanzstücken sind verschiedene Schaftlängen bis 40 cm darstellbar. 

Die Senkung kann verändert werden. Die Änderung der Schränkung von rechts auf links ist möglich (das Auswurffenster bleibt natürlich rechts). Hierfür können verschiedene Zwischenstücke ausgetauscht werden, von denen je eines zwischen Hinter-schaft und System sitzt und sich eines im Hinterschaft befindet. 

Zur besseren Reinigung der Flinte lässt sich sich das Schloss auf einfache Weise herausnehmen. Es muss dazu nur ein Bolzen herausgedrückt werden.

Die Beschichtung des Schaftes ist genial. An den Auflageflächen für die linke und rechte Hand ist Gummi eingelegt. Die Flinte fasst sich angenehm leicht, sauber und rutschfest gut an, ganz gleich, ob mit trockenen oder feuchten oder gar nassen Händen. Darüber hinaus hat man immer ein Gefühl der Wärme in den Händen.

Das Resultat

Wenn die Beretta A 400 Xtreme Unico auch nicht ursprünglich für den Sportschützen konzipiert wurde, so kann sie für das sportliche Schießen doch ohne Einschränkung wärmstens empfohlen werden. Nicht nur bei schlechtem Wetter. 

Ich werde meine Begegnung mit der außergewöhnlichen Italienerin nicht vergessen. Es wird nicht meine letzte sein.

Kommentar Beretta A 400 Xtreme

Die Optik in Camouflage ist subjektiv gut gelungen, aber nicht jedermanns Sache und nur bei der jagdlichen Nutzung sinnvoll, so dass man sich ums Schiessen mit der Unico auch nicht vordrängeln wollte. Und dann passiert genau dies: Flinte laden, ein Kinderspiel, schiessen und treffen, ein absolutes Erlebnis, bei dem der Rückstoßdämpfer traumhaft arbeitet Die Handhabung ist in allen Bereichen sehr einfach. Und als dieser Funke übersprang, wollte ich die Unico kaum mehr aus der Hand geben, für mich die klare Überraschung des Tests.
Thomas Link

Beretta Xtreme: einfache Handhabung, etwas schwer, trotzdem führig und erstaunlich leicht zu schießen, das automatische Repetieren nimmt man garnicht wahr. 
Ronald W. Strang

Tolles Handling, sehr angenehm zu schießen, geringer Rückstoß, gut zu führen, Technik gewöhnungsbedürftig, aber sehr gut, ungewöhnliches, aber schönes und gute verarbeitetes Finish (Camo).
Thomas Kaminski

Wirft man mal die farbliche Gestaltung der Unico über Bord, so bleibt eine Selbstladeflinte auf dem neuesten Stand der Technik. Durch die verbauten Komponenten hat es Beretta geschafft, im Vergleich zur Konkurrenz den Rück- sowie Hochschlag deutlich zu reduzieren. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein angenehmes Schussverhalten. Die Haptik der verwendeten Kunststoffe ist ausgezeichnet; insbesondere die Einlagen an den Griffflächen. Auch im Bereich der Selbstladeflinten gelingt es Beretta, Referenzen zu setzen!
Sven Schiffer

Text: Detlef Riechert
Fotos: Dominik Allartz, Detlef Riechert